gaz 90 - Feb./März 2020 Kommunalwahl

Kultur auf der Kaserne soll machbar sein

Michi Schmitt (Listenplatz 10) und Renate Schlipf (17) sind aktiv bei „kontakt – Das Kulturfestival“, das seit einigen Jahren im Mai auf dem Lagarde-Gelände in Bamberg-Ost stattfindet. Mit der Initiative „machbar – Kultur auf der Kaserne“ bringen sie weitere Kulturveranstaltungen auf das abgesperrte Areal.
Die gaz hat sie zu ihren Zielen befragt.

gaz: Was könnt ihr mir über die Geschichte der Lagarde-Kaserne erzählen?
Michi und Renate: Sie wurde seit mehr als hundert Jahren militärisch genutzt. Erst von den Ulanen, dann von den Nazis und nach dem Zweiten Weltkrieg von der US-Armee. Seit deren Abzug 2014 steht sie leer. Mit „kontakt – Das Kulturfestival“ haben wir ab 2015 dann als erste zivile Nutzung die Tore wieder aufgemacht.

gaz: Wer ist jetzt der Eigentümer?
Ein Teil gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Einen Teil benutzt die Bundespolizei. Einen anderen die Zentralstelle Cybercrime Bayern. Ein oder zwei Quadratmeter gehören noch den USA, die da einen Datenknotenpunkt betreiben. Der größte Teil gehört aber inzwischen der Stadt, die es allerdings schon wieder an private Investoren und Immobilienfirmen weiterverkauft.

gaz: Wie soll die Lagarde entwickelt werden?
2014 begann die Stadt mit Beteiligungsformaten für das gesamte Konversionsgelände, also die Lagarde-Kaserne und das noch größere Gebiet der Warner Barracks jenseits des Berliner Rings. Es wurden Architekt­innen und Stadt­planerinnen an Bord geholt und Wettbewerbe ausgeschrieben und Bürgerbeteiligung versucht. Wir haben z. B. ein Soziokulturzentrum mit ein­gebracht. Das war 2014. Dann aber hat die Bundespolizei Bedarf angemeldet und das heutige Ankerzentrum ist entstanden, so dass vier Fünftel des Konversionsgeländes der Stadt gar nicht zur Verfügung stehen. Die ganzen guten Ideen aus der Beteiligung sind über den Haufen geworfen worden.
Und jetzt gibt es einen Rahmenplan für die Lagarde, der vorsieht, dass Wohnungen dort errichtet werden sollen, plus ein Medical Valley, wo sich Gesundheitsfirmen ansiedeln können, und ein kleiner Teil der Kaserne soll auch für Kultur genutzt werden.

gaz: Was heißt ein kleiner Teil?
Zwei Gebäude plus der Platz dazwischen, der ungefähr so groß ist wie der Maxplatz. Die Gebäude umrahmen den Platz. Das ist nicht mal ein Zehntel der gesamten Lagarde-Fläche.

gaz: Es gab ja schon mal den Versuch Wohnen und Kultur zusammenzubringen. Stichwort „Alte Seilerei“. Was aber letztlich nicht geklappt hat. Habt ihr eine Idee, wie man das besser lösen kann?
Ja. In die Planung muss schon jetzt einfließen, dass Kultur nicht ohne Emission vonstatten geht. Unsere Idee ist, dass im Umkreis der Kulturstätte hauptsächlich Büros entstehen, die abends nicht genutzt werden und die dann auch als Schallschutz für die Wohnungen dienen könnten. Allerdings ist nach aktueller Planung, direkt nebenan Wohnbebauung geplant. Unserer Meinung nach macht die Stadt hier leider wieder dieselben Fehler.

gaz: Wieder mal?
Ja, wieder mal. Wichtig ist doch auch, dass die Leute, die in Bamberg wohnen, ein kulturelles und soziales Angebot haben. Auch nachts.

gaz: Es ist also noch gar nicht so viel durchdacht, wie man sich das wünschen würde?
Unserer Meinung nach nicht. Da hätte man viel klarere Entscheidungen treffen müssen, um da ein vernünftiges, funktionierendes Quartier entstehen zu lassen.
Für einige Planungen gibt es Wettbewerbe, für andere nicht. Das aufeinander abzustimmen ist mega schwierig, da fallen dann oft das Soziale und das Kulturelle hinten runter.

gaz: Was kann man dagegen tun?
Im Prinzip müssen wir Leute aus der Kulturszene in den Stadtrat, um endlich Entscheidungen zu treffen. Von außen haben wir jahrelang Druck gemacht und immer wieder zu hören bekommen, dass wir gute Ideen haben, aber die letztendliche Entscheidung, dass Kultur dann auch in die Kaserne kommt, steht eben aus und der jetzige Stadtrat drückt sich seit Jahren davor und deswegen haben wir gesagt, wir müssen jetzt auf die Stadtratsliste und die Entscheidung dann herbeiführen.

Das Interview führte
Michel Pelikan (Listenplatz 18).

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