Ankerzentrum

Das Ankerzentrum löst keine Probleme, sondern schafft sie erst

Stellungnahme der Stadtratsfraktion Grünes Bamberg:
Geflüchtete sollen in Bamberg willkommen sein und dezentral untergebracht werden, Bayerische Staatsregierung muss Zusage zur Schließung 2025 einhalten

Das Ankerzentrum bzw. die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken auf dem Bamberger Konversionsgelände muss vereinbarungsgemäß im Jahr 2025 geschlossen werden! Im Jahr 2015 war die Befristung auf zehn Jahre eine klare Zusicherung der Bayerischen Staatsregierung – schriftlich niedergelegt! – auf deren Einhaltung die Stadt Bamberg pochen muss.

Die Massenunterbringung von Flüchtlingen zu weit mehr als 1000 Personen in einer einzigen Einrichtung hat über die vielen Jahre so ziemlich alle Bedenken bestätigt, die wir von Anfang an hatten. Zuletzt zeigte die Corona-Pandemie, dass mit einer so großen Menschenmenge auf engstem Raum schwer umzugehen ist. Wenn eine Infektion ausbricht, hat es gleich drastische Folgen für jeden Einzelnen, bis hin zu einer denkbaren, kompletten Abriegelung, die aus Grundrechtsperspektive sehr fragwürdig ist.

Außer dass der Freistaat auf dem Konversionsgelände im Eigentum des Bundes seine Massenunterkunft mietfrei einrichten konnte, ist das Ankerzentrum ansonsten ein teures Unterfangen. Eine enorme Riege von Security-Personal wird dort täglich eingesetzt. Und dennoch kommt es immer wieder zu ebenfalls kostspieligen Polizeieinsätzen. In den sonst üblichen Gemeinschaftsunterkünften, verteilt auf Städte, Gemeinden und Landkreise, ist man davon weit entfernt.

Für die Asylsuchenden ist das Leben im Ankerzentrum eine wahre Belastung: Wohnen auf engem Raum, mit fremden Menschen aus verschiedensten Kulturen, unbekannten Sprachen und Gewohnheiten, teils schlimmsten Vorgeschichten oder Traumata. Konflikte sind hier vorprogrammiert. Essen gibt es in der Kantine, Geld für eigenes Essen bekommt man nicht. Kleidung gibt es nur Einzelstücke einer mäßig bestückten Kleiderkammer, Geld dafür bekommt man nicht. Arbeiten ist nicht erlaubt, das heißt Warten den ganzen Tag. Ein solch entwurzeltes Leben kann krank machen, zumal wenn man schon vorher bedrückende Erfahrungen verkraften muss.

Für Kinder gibt es kaum Betreuung und außer den hübschen Spielplätzen im Freien kaum Angebote. Der Besuch einer so genannten Schule im Ankerzentrum ist möglich, aber wie soll schon ein geordneter Schulunterricht entstehen, wenn Schüler*innen so vieler Herkünfte und Altersklassen zusammenkommen, ohne Deutsch zu verstehen, und wenn sie oft nach ein paar Monaten schon wieder verschwinden? Apropos Verschwinden – eine der größten Belastungen, die Eltern für ihre Kinder beklagen, sind die nächtlichen Abschiebungen mit viel Lärm und Polizei, die auch Kinder unweigerlich mitbekommen.

Ankerzentrum, das bedeutet ein Leben im Ausnahmezustand – weit weg von Integration in die deutsche Gesellschaft. Denn Kontakt zu Menschen der einheimischen Nachbarschaft kann sich hier kaum einstellen. Das Engagement von Ehrenamtlichen wird allein durch diese Form der Unterbringung massiv erschwert.

Dass ein stupides und kaum mehr selbst bestimmtes Leben zu Konflikten führt, zu Kriminalität und Gewalt, verwundert nicht. Solche Folgen haben dann auch nichts mit der Ethnie der Menschen zu tun, sondern werden gerade durch dieses System der Kasernierung, der Ausgrenzung und Herabwürdigung hervorgerufen und befördert.

Eines der zentralen Ziele des Ankerzentrums – Behörden zusammenzufügen und so Asylverfahren zu beschleunigen – hat sich ebenfalls nicht so erfüllt wie versprochen. Um Asylverfahren zu beschleunigen mag es Sinn machen Behörden an einem Ort zu konzentrieren, dass auch noch alle Asylsuchenden dort leben müssen, ist auch nach fünf Jahren Erfahrung nicht überzeugend. Beschleunigt wurde ohnehin nur zum Teil. Immer noch müssen viele Asylsuchende viele Monate, manche gar Jahre im Ankerzentrum ausharren, unter den genannten Bedingungen. Allerdings, Abschiebungen lassen sich in einem lagerähnlichen Gebilde mit Zaun drumrum vermutlich besser organisieren, insbesondere in der Nacht.

Das grüne Resümee ist klar: Massenunterbringung generell abschaffen! Das Ankerzentrum bzw. die AEO in Bamberg muss 2025 schließen.
Das heißt nicht, dass wir die Geflüchteten einfach nur los haben wollen. Die Stadt Bamberg ist willens, Asylsuchende aufzunehmen. Sogar über den gesetzlich geregelten Verteilungsschlüssel hinaus hat sich die Stadt – auf grüne Initiative hin – in einer Erklärung 2020 bereit erklärt, Geflüchtete aus drastischen Notlagen wie auf den griechischen Inseln zusätzlich aufzunehmen.

Wir fordern eine Unterbringung von Asylsuchenden in Bamberg in kleinen Unterkünften und Wohnungen, verteilt möglichst über das gesamte Stadtgebiet. Für das Anker-Gelände fordern wir eine Umwandlung in neuen Wohnraum für Menschen, die schon länger oder lange hier leben ebenso wie für Menschen, die neu sind oder hierher flüchteten. Wir wollen eine soziale Mischung, überall in der Stadt.

Dafür stärken wir die Zivilgesellschaft und das Engagement von Menschen und Institutionen, die sich so zahlreich für ein Miteinander aller Menschen in Bamberg einsetzen.

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